Berge & Schauplätze Bergwelten

Schneefernerhaus: Vom Luxushotel zur Forschungsaktion

Die Geschichte des Schneefernerhauses unterhalb der Zugspitze: Sie handelt von Luxus, Krieg, einer unvergessenen Tragödie und einem bemerkenswerten Neuanfang.

I von Katharina Bromberger


Die Österreicher waren den Bayern einen Schritt voraus. Bereits 1926 haben sie mit der ersten Seilschwebebahn die Zugspitze touristisch erschlossen. Freilich reagierte der Freistaat und zog mit dem Bau der Zahnradbahn 1928 bis 1930 nach. Am 8. Juli 1930 führte sie erstmals durch das Bergmassiv bis zur Gipfelstation Schneefernerhaus. Und direkt hinein in Deutschlands höchst gelegenes Hotel. Davon gab es zu diesem Zeitpunkt nur einen Holzbau, das „Provisorische Touristenheim“. Die Arbeiten am eigentlichen Hotel begannen mit Inbetriebnahme der Bahn. Dann ging es schnell: Ab dem 20. Januar 1931 zog das exotische Reiseziel Gäste aus aller Welt an.

Das Schneefernerhaus unterhalb der Zugspitze: Jeder hat schon davon gehört, doch seine Geschichte kennt kaum jemand. © Markus Neumann


300 Meter unterhalb des Zugspitz-Gipfels, Südhanglage, Blick auf den Alpenhauptkamm und das Zugspitzplatt, wo von November bis Juni Skirennen und Skisprung-Wettbewerbe stattfanden: Das Hotel bot Unterhaltung, Luxus, Außergewöhnliches, ja sogar Heilung.


Schneefernerhaus: „…das mehr als ein Hotel – das ein Heim ist“ 


„Der von Krankheit genesende, der Heufieberleidende, der von der Last der Arbeit überanstrengte Mensch unserer aufreibenden Zeit wird in diesem Milieu rasch seine volle Kraft wiedererlangen“, heißt’s schwärmerisch in einer Broschüre von Autor L. von Reppert über die Bayerische Zugspitzbahn und das Hotel Schneefernerhaus. Genau schildert er auch das Innenleben samt „geschmackvoller, geräumiger Speisehalle, durch deren weite Fensterreihen das Licht des klaren Winterhimmels dringt“.

Speisen auf 2656 Metern Höhe: Viele suchten dieses Erlebnis seit der Eröffnung des Hotels Shhneefenerhaus am 20. Juni 1931. © Blumenthal, ersch. in "Die Berghotels der Zugspitzbahnen"


Zudem gab es einen Gesellschaftsraum, ein Bierstüberl und „in den mit schlichter Eleganz und anheimelnder Zweckmäßigkeit eingerichteten Zimmern (…) Zentralheizung, fließendes kaltes und warmes Wasser nebst hellen Bädern. Friseur, Photograph, Hausapotheke und eigene Poststation vervollkommnen die Einrichtung dieses Hauses, das mehr als ein Hotel – das ein Heim ist.“

Ein Blick in ein Hotelzimmer: So übernachteten die Gäste im Hotel Schneefernerhaus. ©  Blumenthal, ersch. in "Die Berghotels der Zugspitzbahnen"


Und das kam an: „Für viele, meist reiche Bürger, war das am Anfang schon eine Sensation!“, schreibt Bernhard Schmidt, von 1945 bis 1975 Vorstand der Bayerischen Zugspitzbahn, in seinem Buch „Der Millionenberg“. Die Mitglieder des Bayerischen Landtags besuchten das Hotel vor dem Krieg ebenso wie das Internationale Olympische Komitee 1936. Flick senior und andere Großindustrielle mieteten Schmidt zufolge eine ganze Etage und „fühlten sich offenbar recht glücklich da oben“.


Schneefernerhaus auf der Zugspitze: Bis 1950 durfte kein Deutscher übernachten


Doch die Zeiten blieben nicht so rosig. Mit dem Zweiten Weltkrieg erlosch aller mondäne Glanz, der Hotelbetrieb endete. 1945 geriet das Haus unter Beschuss, nach Kriegsende haben es die US-Amerikaner beschlagnahmt. Bis 1950 durfte kein Deutscher das Restaurant betreten oder gar übernachten. 1952 wurde es schließlich freigegeben und von Grund auf renoviert. Etwa eine halbe Million D-Mark hat die Zugspitzbahn investiert.

Skifahren am Zugspitzplatz und mittags einkehren im Schneefernerhaus einkehren: Viele suchten dieses Erlebnis. © Wolff, ersch. in "Die Berghotels der Zugspitzbahnen"


Zugleich stieg kontinuierlich das Angebot an Skiliften und Bahnen. So brachte die Wintersportler und Ausflügler ab 1962 die neue Eibseeseilbahn auf die Zugspitze, die auch die Fahrtzeit zum Hotel deutlich reduzierte.


Lawinenunglück am 15. Mai 1965: Das traurigste Datum


Bei allen technischen Errungenschaften und Meilensteinen – vor allem ein Datum ist untrennbar mit dem Schneefernerhaus verbunden, ein trauriges Datum: Am 15. Mai 1965, einem so wunderschön sonnigen Tag, löste sich gegen 13 Uhr oberhalb des Schneefernerhauses eine Großlawine, in einer Länge von etwa 350 bis 400 Meter. Zehn Menschen starben.

Ein trauriger, dramatischer Tag: Am 15. Mai 1965 löst sich oberhalb des Schneefernerhauses eine Lawine. Zehn Menschen sterben. © Foto: Marktarchiv Garmisch-Partenkirchen


Nach diesem Unglück nahmen die Verantwortlichen erneut ordentlich Geld in die Hand. Für Lawinenschutz und weitere Renovierungen. Abgerissen wurde der ursprüngliche Holzbau, das Touristenhaus, Mitarbeiter zogen ins Haupthaus. Für Übernachtungsgäste blieben nurmehr 15 Zimmer.


Das Schneefernerhaus verlor an Attraktivität


Hat der Tourismus ursprünglich das Hotelprojekt Schneefernerhaus erst ermöglicht, besiegelte er in den Folgejahren sein Ende.

Werbung von früher - am 14. Januar 1992 war Schluss: Das Schneefernerhaus verschwand als Berghotel.


Mit dem neuen Zahnradbahntunnels zum Zugspitzplatt 1988, der Gletscherbahn 1992 und der neuen Zugspitzgipfelstation sowie dem Konferenzbereich im SonnAlpin 1993 verlor das Schneefernerhaus als Ausflugsziel an Attraktivität. Bereits 1990 wurde der Hotelbetrieb eingestellt; 1992 auch der Gastronomiebetrieb – nach 62 Jahren Hotelgeschichte.


Umbau zur Forschungsstation: Rund acht Millionen Euro nvestiert


Was also tun mit einem leer stehenden Komplex auf 2.650 Meter? Die Antwort reifte nach dem ersten Klimagipfel in Rio de Janeiro 1992. Die Welt hatte begonnen, über die globale Erwärmung und ihre Folgen zu diskutieren. Freistaat Bayern und Bundesrepublik Deutschland sahen die Chance, ein weltweit einmaliges Zentrums der Umweltforschung und Klimabeobachtung zu realisieren. 1993 begannen die Umbauarbeiten, rund acht Millionen Euro wurden investiert.

Eine wechselvolle Geschichte hat die heutige Umweltforschungsstation unterhalb der Zugspitze. © Markus Neumann


Am 12. Mai 1999 eröffnete das Schneefernerhaus als Umweltforschungsstation. Es arbeitet heute eng mit den alpinen Höhenforschungsstationen in Italien, Frankreich, der Schweiz, Österreich und Norwegen zusammen. 


Quellen: Marktarchiv Garmisch-Partenkirchen, Schneefernerhaus

Aus den Bergwelten im Frühjahr 2016

DAS SCHNEEFERNERHAUS

  • Lage: unterhalb der Zugspitze auf 2656 Metern Höhe
  • Eröffnet am 20. Juni 1931 als das höchste Hotel Deutschlands
  • Geschlossen am 14. Januar 1992. Auch der Restaurantbetrieb wurde eingestellt.
  • Umweltforschungsstation eröffnet am 12. Mai 1999
  • Alle Infos online unter schneefernerhaus.de