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Der Wank über Garmisch-Partenkirchen: Nur das Schloss bekam er nicht

Der Wank über Garmisch-Partenkirchen hat eine spannende Geschichte. Dazu gehören König Ludwig, ein Skigebiet, durstige Mountainbiker und hungrige Gämsen. 

I von Christian Rauch


Einst hieß der Wank Eggenberg. Bevor das erste Kreuz auf dem Gipfel stand, weit bevor die erste Bahn hinaufführte und lange lange bevor das Skigebiet eröffnet wurde. Dieser Berg hat eine spannende Geschichte, zu der auch persönliche Anekdoten über durstige Mountainbiker und hungrige Gämsen gehören. Und natürlich König Ludwig II. 


Vor 1850: Der Wank heißt noch Eggenberg

Der Wank heißt noch Eggenberg. Sein Bergkamm zieht zwischen dem Kankertal und Loisachtal, hoch über Partenkirchen, um die „Ecke“ und markiert den südwestlichen Rand des Estergebirges. Als Grenzgipfel spielt er nie eine Rolle – im Unterschied zum nördlich benachbarten Bischof und Krottenkopf, über die immer wieder Grenzlinien zwischen der Grafschaft Werdenfels und dem Herzogtum Bayern gezogen werden. Nördlich des Eggenbergs, um die heutige Esterbergalm herum, existieren seit dem Mittelalter Gutshöfe. An den Hängen und Bergrücken bestehen zum Teil Weiden und Mahdgebiete wie die „Frauenmahd“ nordwestlich des Gipfelkamms.

Am Schachen hat König Ludwig II. sein Schloss errichtet - das er wohl eigentlich am Wank bauen wollte. © panthermedia_bernjuer


1869: Kein Jagdschloss für den König

Angeblich will König Ludwig II. „auf dem Eckenberge bei Partenkirchen ein Jagdschloß nebst Küche und Pferdestallung erbauen“ (Quelle: Adam, Peter; Praxmarer, Mario: König Ludwig II. in der Bergeinsamkeit von Bayern & Tirol, Adam Verlag Garmisch-Partenkirchen, 2. Aufl. 2004). Doch die Baukommission findet keine ausreichenden Trinkwasservorkommen auf dem Gipfel. So lässt der Kini sein Bergschlösschen 1870 auf dem Schachen bauen, wo es bis heute steht.


1890er Jahre

Der Eggenberg heißt nun Wank (von „wang“ = Hang oder Wiese, vom freien Südostrücken, der schon früher Roßwang, heute Roßwank heißt). Die frisch gegründete Alpenvereinssektion Garmisch-Partenkirchen investiert in markierte Wanderwege auf den Gipfel. Die Steige über die Frauenmahd, über die Eckenhütte – ihr Name erinnert noch an die frühere Gipfelbezeichnung – und über den Gschwandtnerbauer gibt es bis heute. 1894 plant man den Bau einer Schutzhütte auf dem Wank. Der Plan wird aber erstmal vertagt.

Die Eckenhütte über Garmisch-Partenkirchen: Ihr Name erinnert noch an den ursprünglichen Namen des Wank. © Katharina Bromberger


1904: Der Wank bekommt das erste Kreuz

Der Partenkirchner Volkstrachtenverein stellt das erste Kreuz auf dem Gipfel des Wank auf.


1910/11: Das Wankhaus wird eröffnet

Engagierte Partenkirchner haben erstmals die Idee, eine Seilbahn auf den Wank zu bauen. Zunächst aber entsteht 1911 die Hütte auf dem Gipfel. Im Mai wird das Wankhaus feierlich eingeweiht. Mit zehn Betten und Matratzen und Platz für 45 Tagesgäste innen und 40 außen. Ein „großes Zeissfernrohr“ auf der Terrasse „bringt alle sichtbaren Gipfel dem Auge näher“. (Quelle: Chronik 25 Jahre Alpenvereinssektion Garmisch-Partenkirchen von 1912).

1911 wird das Wankhaus eröffnet. © Katharina Bromberger


1922: Das Wankhaus wird "Alois-Huber-Haus" getauft

Alois Huber, Kassier und Hüttenreferent der DAV-Sektion, der als Schnitzschullehrer selbst die Inneneinrichtung geschaffen hatte, stirbt. Ihm zu Ehren heißt das Wankhaus seither „Alois-Huber-Haus“.


1928: Der Spatenstich für die Wankbahn erfolgt

Die Seilbahn auf den Wank wird gebaut. Am 15. Juli erfolgt der erste Spatenstich, und schon im Mai 1929 nimmt die Wankbahn ihren Betrieb mit zwei Kabinen auf, die je 25 Personen fassen. Die Bahn legt eine Strecke von 2675 Metern zurück und überwindet 1020 Meter Höhenunterschied.


„Unmittelbar hinter der Pfarrkirche zieht die Trasse der Wankbahn schnurgerade zum Wankgipfel, dem großen Werdenfelser Schaugerüst […] Man rühmt dem Wank ganz besonderen Sonnensegen nach.“ (Münchner Neueste Nachrichten, 1929).

Die erste Wankbahn wurde 1929 in Betrieb genommen. © Marktarchiv Garmisch-Partenkirchen


1930/31: Skifahrer erkunden den Wank 

Der Skiclub Partenkirchen veranstaltet Erkundungsfahrten vom Wankgipfel aus. Die Abfahrt über die Esterbergalm ist Standard-Talabfahrt. Auf dem baumfreien Gipfelrücken üben die ersten Slalomläufer.


1954

Die Wankbahn feiert 25-jähriges Jubiläum. Fast drei Millionen Menschen hat sie bisher befördert. Sie nützt auch den Tieren: Im Winter wird von den Gondeln an verschiedenen Stellen Heu abgeworfen, um Hirsche und Rehe zu versorgen.


„Der Wank ist der bescheidenste von allen [Bergen im Estergebirge], es fehlt ihm die elegante Felsfassade, die imponierende Form […]. Still und ergeben hockt er da, ein grüner Buckel, […]. Wer immer auch kommt – jeder Wankbesucher ist überrascht von der Herrlichkeit und Großartigkeit der Aussicht.“ (Erika Schwarz in „25 Jahre Wankbahn“, 1954).

Seit jeher beeindruckt der Wank im Sommer wie im Winter mit seiner Aussicht auf das Wettersteinmassiv mit Zugspitze-Alpspitze und Co. und Garmisch-Partenkirchen. © Katharina Bromberger


1958: Forschung startet am Wank

Am Gipfel wird die bis heute betriebene Messstation des Fraunhofer-Instituts errichtet, mit der Daten zur Untersuchung der Radioaktivität in der Luft sowie zur Niederschlagsmessung gesammelt werden. Die Forschungen bescheinigen dem Wank auch maximale Sonneneinstrahlung und günstige klimatische Verhältnisse für Kur-Zwecke. Höhenwege, Sonnenpromenaden und Fitnessstationen entstehen in den folgenden Jahren und Jahrzehnten an den Hängen des Wank.


Um 1960: Größere Kabinen für die Wankbahn

Die Wankbahn erhält größere Kabinen für je 35 Personen. Durch technische Verbesserungen verkürzt sich die Fahrzeit von elf auf acht Minuten.

Sonnenanbeter bevölkern schon lange den Wank. Dieses Bild entstand wohl in en 1950er Jahren. 1960 wird die Bahn modernisiert, um noch mehr Menschen zu befördern. © Marktarchiv Garmisch-Partenkirchen


1967/68: Maschkera mit der Ziachorgel - "solche Hund"

Herbert Nominikat erlebt seinen ersten Winter als Betriebselektriker und Schaffner bei der Wankbahn – fast 35 Jahre (1967 bis 2001) wird er bleiben, später zum Betriebsleiter aufsteigen. Am Unsinnige Donnerstag hat er Dienst in der Gondel. Auf einmal stürmen über 30 Partenkirchner Maschkera in die Kabine, mit Holzlarven, unter Musik und Gesang. „Einer hatte die Ziachorgel dabei“, erinnert sich Nominikat. „Und dann drückten sie mich einfach beiseite, ich konnte gar keine Karten kontrollieren. Gerade dass ich selbst noch Platz drin hatte.“ Übervoll erreichte die Gondel die Bergstation. Da reagierte die Sicherheitsbremse, und die Kabine kam ein paar Meter vor dem Bahnsteig zum Stehen. „Der Maschinist hat uns dann von Hand reingefahren.“ Als alle aus der Gondel draußen waren, konnte Herbert Nominikat nur lachen. Er dachte: „Solche Hund!“


1968 bis 1973: Ein gewaltiger Sturm

Von 1968 bis 1973 wohnt Herbert Nominikat mit seiner Frau und Kindern in einer Wohnung in der Bergstation des Wank. Über fünf Jahre lang verbringen sie jede Nacht auf gut 1700 Metern Höhe. „Einmal herrschte ein gewaltiger Sturm“, erinnert sich Nominikat. „Er hat uns die Fensterläden und Fernsehantenne weggerissen. In der Nacht wurde der Sturm noch stärker, ich schätze über 200 km/h. Mein Dach hob sich ein wenig. Ich schickte meine Familie zur Sicherheit in den Maschinenraum.“ Doch das Dach hielt, alle blieben unversehrt.


In dieser Zeit bekamen die Schaffner der Wankbahn im Winter nach wie vor Heu vom Forstamt. An mehreren Stellen verlangsamten sie die Fahrt, öffneten die Kabinentür und warfen das Heu als Futter für Hirsche, Rehe und Gämsen ab. Meist kamen die Tiere gleich. „Besonders die Touristen, die vielleicht zum ersten Mal eine Gams sahen, freuten sich.“

Erste Überlegungen zu einem Skigebiet am Wank kommen 1970 auf. © Bayerische Zugspitzbahn Bergbahn AG


1970

Es gibt erste Überlegungen, die alte Wankbahn durch einen Neubau zu ersetzen und ein Skigebiet zu errichten.


1972: Der erste Skilift entsteht

Als erster Skilift entsteht der 200 Meter lange Sonnenlift (Höhenunterschied 80 Meter) direkt unterhalb des Gipfels Richtung Nordosten. Die Wankmitarbeiter nennen ihn später scherzhaft Josefilift, da eine Zeitlang vier Josefs am Lift Dienst tun – vier Saisonkräfte, keine langjährigen Mitarbeiter. An die Nachnamen erinnert sich Franz Werner, ehemaliger Werbeleiter der Wankbahn AG, nicht mehr.

Der Sonnenlift ist der erste Lift im Skigebiet Wank. Er entsteht 1972. © Marktarchiv Garmisch-Partenkirchen


1973: Pläne für eine neue Großkabinenbahn und für weitere Skilifte

Es gibt konkrete Pläne für eine neue Großkabinenbahn auf den Gipfel und von dort hinab zur Esterbergalm. Weitere zehn Lifte sollen entstehen, davon fünf an den Südflanken des Hohen Fricken. Letzterer Plan wird schnell aufgegeben.

Im Sommer starten die ersten Drachenflieger vom Gipfel, einige Jahre später die ersten Gleitschirmflieger.

 

Ein trauriger Tag im Winter: Zwei einheimische Burschen kommen zwischen Frauenmahd und Esterberg in einer Lawine ums Leben.

Die ersten Gleitschirmflieger starten - offiziell - in den 1970er Jahren vom Wank. © Christian Rauch


1975: Die Ski-WM kommt, die Pisten folgen

Garmisch-Partenkirchen erhält den Zuschlag für die alpinen Skiweltmeisterschaften 1978. Das geplante Skigebiet am Wank soll nun drei statt fünf weitere Schlepplifte umfassen. Deren Pisten werden offizielle Ausweichstrecken für die WM, wenn im unteren Bereich der Pisten am Hausberg und Kreuzeck der Schnee fehlen sollte. Das Projekt einer Seilbahn Esterberg-Wank wird aufgegeben. Die Anlagen der Wankbahn AG umfassen nach fast 50 Jahren dennoch ein großes Gebiet, denn auch die Eckbauerbahn, Hausbergbahn und Skilifte bis zum Kreuzwankl und Kreuzjoch gehören dazu.


„Die Wankbahn – von den Mitarbeitern liebevoll „Mutterbahn“ genannt – war das Fundament, auf dem sich die Wankbahn AG zu dem entwickelte, wie sie sich heute präsentiert. Hart und mühevoll war der Weg von der ersten Seilbahn, bis zu den nunmehr 17 Bergbahnen und Skiliften.“ (Aus der Chronik 50 Jahre Wankbahn von 1979)

Der einstige Gschwandtlift am Wank entsteht zur Ski-WM 1978. © Marktarchiv Garmisch-Partenkirchen


1977: Drei Lifte entstehen, ein weiterer folgt 1978

Die drei Lifte werden gebaut: Der 450 Meter lange Gipfellift (Höhenunterschied 80 Meter), der 450 Meter lange Roßwanklift (Höhenunterschied 130 Meter) und der 950 Meter lange Esterberglift (Höhenunterschied 380 Meter) erschließen mehrere Pisten vom Gipfel bis hinab zur Esterbergalm. 1978 folgen der Gschwandtlift und ein Minilift für leichte Abfahrten.


1978: Niemand braucht den Wank für die Ski-WM

Die Ausweichstrecken am Wank während der Ski-Weltmeisterschaft (29. Januar bis 5. Februar) werden nicht benötigt. Alle acht Entscheidungen der Männer und Frauen in Abfahrt, Riesenslalom, Slalom und Kombination werden auf den Pisten Kandahar (Abfahrt der Herren), Olympia (Abfahrt der Damen) Horn (Riesenslalom der Herren und Damen), und am Gudiberg (Slalom) ausgetragen.

Seit 1982 fährt die "neue" Wankbahn zuverlässig gen Berg. Um eine wirklich neue Anlage aber wird man über kurz oder lang nicht herumkommen. © Bayerische Zugspitzbahn/Matthias Fend


1982: Die neue Bahn mit Vierergondeln kommt

Die neue Wankbahn wird gebaut, als moderne kuppelbare Einseil-Umlaufbahn mit kleinen Vierergondeln. 3000 Meter lang, überwindet sie einen Höhenunterschied von 1010 Metern. Circa 20 Millionen Mark kostet sie, soweit sich Franz Werner, ehemaliger Werbeleiter der Wankbahn AG, erinnert. Bis auf kleinere Modernisierungen fährt sie bis heute. Da die Talstation parkplatzbedingt in die Nähe des Schützenhauses verlegt wird, braucht man auf 1165 Meter Höhe eine Mittelstation, bei der die Bahn ihre Richtung von West-Ost nach Richtung Nordost verändert. Im Winter erfüllt die Mittelstation keinen Zweck, im Sommer verkürzt sie Wanderwege auf den Gipfel.


„Der Wank war für mich gut 30 Jahre lang, von 1970 bis 2002, ein schöner Arbeitsplatz. Ein richtiger Skiberg wurde er nie, aber als Berg für Familien, Wanderer und die Naherholung ist er einmalig.“ (Franz Werner, ehemaliger Werbeleiter der Wankbahn AG).

"Ein richtiger Skiberg wurde er nie", sagt Franz Werner, der 30 Jahre am Wank gearbeitet hat. Aber unter Wanderern war er immer beliebt. Aus gutem Grund. Auch Biker sind unterwegs. © Christian Rauch


1990er Jahre: Der Wirt kann die Mountainbiker nicht leiden

Die ersten Mountainbiker kommen bis auf den Wankgipfel. Herbert Nominikat erinnert sich, dass der damalige Wirt des Wankhauses den neuen Trendsport nicht ausstehen konnte. „Die Mountainbiker bekamen bei ihm schlichtweg kein Bier.“


1998: Fusion mit der Zugspitzbahn

Die Wankbahn AG wird nach 70 Jahren mit der Bayerischen Zugspitzbahn AG fusioniert. Nahezu 100-prozentiger Eigner ist jetzt die Marktgemeinde Garmisch-Partenkirchen.


2002: Endgültiges Aus für das Skigebiet am Wank

Das Skigebiet auf dem Wank wird stillgelegt. Auch die Wankbahn fährt im Winter nicht mehr, nur noch im Sommer. Viele Garmisch-Partenkirchner beschweren sich, doch der Skibetrieb auf dem Wank war nie wirklich rentabel. Nach wenigen Jahren entschließt sich die Bayerische Zugspitzbahn, die Wankbahn im Winter zumindest in den Weihnachtsferien und an Ostern fahren zu lassen. Für Sonnenhungrige, Rodler und Skitourengeher.

Das waren noch Zeiten... 2002 ist endgültig Schluss mit dem Skibetrieb am Wank. Er rechnet sich einfach nicht. © Bayerische Zugspitzbahn Bergbahn AG


„Die Bayerische Zugspitzbahn hat damals viele massive Beschwerden bekommen. Und auch ich persönlich. Aber die Entscheidung war unumgänglich. Und ich sage ganz klar: Wären alle die, die sich damals beschwert haben, regelmäßig auf den Wank gefahren und hätten das Skigebiet genutzt, wäre die Entscheidung vielleicht anders ausgefallen.“

(Peter Huber, 1981 bis 2019 bei der Bayerischen Zugspitzbahn, ab 2002 Technischer Vorstand)


2009: Die Skilifte verschwinden

Die Skilifte auf dem Wank werden komplett rückgebaut.


2014: Der Wank wird zum Festival-Berg

Am 30. August findet das erste Bergfestival auf dem Wank statt. Mehrere Bands spielen regionales und modernes, 1000 Besucher kommen. Der Eintrittspreis ist im Bergbahnticket enthalten. Wer zu Fuß aufsteigt, hat freien Eintritt. Weitere Festivals folgen, das letzte 2019. Logistisch, sicherheitstechnisch und personell ist der Aufwand zu hoch geworden.

Top-Stimmung herrschte jedes Jahr beim Bergfestival am Wank. © Bayerische Zugspitzbahn/Garhammer


Heute: Der Panoramaberg bietet viel

Die Zugspitzbahn bewirbt den Wank als Bühne für „Großes Naturkino“ und als Panoramaberg erster Wahl für gemütliche Stunden am Berg. Für Familien, rüstige Senioren, Ruhesuchende und Naturliebhaber. Pro Jahr hat die Bahn in den vergangenen Jahren durchschnittliche 100.000 Gäste auf den Berg gebracht. Die „neue“ Wankbahn allerdings ist in die Jahre gekommen, man investiert laufend in ihre Modernisierung. Früher oder später wird sie umfassend modernisiert werden müssen.

Quelle: Marktarchiv Garmisch-Partenkirchen/persönliche Gespräche